Eine weitere WM-Medaille

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20170703WOCSprintRelayBronze
Bei der WM in Estland gewann ich mit der Sprint-Staffel die Bronzemedaille und durfte das insgesamt vierte Mal auf ein WM-Podest steigen.

An meiner 5. WM fühlte ich mich so gut vorbereitet wie vor 2 Jahren als ich im Sprint eine Medaille gewann. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen. Mir war aber auch bewusst, dass im Sprint viele Athleten um die Medaillen mitreden können. Auch mit einer fehlerlosen Leistung ist keine Medaille garantiert.

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Die Sprint Quali ging ich an wie ein Final um ein gutes Gefühl für den morgigen Lauf zu erhalten. Dies gelang mir sehr gut. Der Schwierigkeitsgrad war nicht hoch und es war somit ein schnelles Rennen in dem man sich nicht mehr als 40 Sekunden Rückstand erlauben durfte um den Final zu erreichen. Ich qualifizierte mich als Vierter mit 10 Sekunden Rückstand.
Karte / Rangliste


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Für den Sprint Final gab es in den letzten Weisungen eine wesentliche Änderung. Die Anzahl Posten wurden von 27 auf 15 Posten reduziert. Dadurch ändert sich der Charakter des Sprints insofern, dass es mehr längere Routen gibt und es somit längere Strecken gibt, wo das höchste Lauftempo der limitierende Faktor ist. Ich sah das nicht gerade als Vorteil für mich, weil ich noch nicht die Grundgeschwindigkeit der schnellsten Läufer aufweise. Trotzdem nahm ich diese Herausforderung gerne an und ich versuchte das Beste aus mir herauszuholen.

Mir gelang ein sehr guter Lauf und hatte keine grossen Zeitverluste zu verzeichnen. 10 respektive 8 Sekunden verlor ich zum 10. und 15. Posten. Bei der langen Routenwahl erwischte ich nicht von Beginn weg die Idealroute und zum letzten Posten lief ich wie manch andere in eine künstlich gebaute Sackgasse. Im Ziel war ich mit meiner Leistung sehr zufrieden, hoffte aber auf eine bessere Klassierung. Auch mit einem ganz fehlerfreien Lauf wären die Medaillen ausser meiner Reichweite.

Am nächsten Tag folgte die Sprint-Staffel was schon mein letzter Einsatz an dieser WM bedeutete. Wir präsentierten uns in einer neuen Aufstellung gegenüber der letzten Jahre. Am Weltcup im Mai hatten wir aber bereits die Gelegenheit uns als Schweizer Team 1 zu behaupten. Wir hatten uns intensiv auf diesen Wettkampf vorbereitet und konnten uns dank einer von Martin Lerjen gezeichneten OL-Karte besser vorstellen welche Geländekammern und Schwierigkeiten auf uns warteten.

20170702WOCSprintRelay
Am Wettkampftag verlief zuerst alles nach Plan. Die Stimmung in der Arena und die Anspannung in mir selber waren da. Elena und Flo legten vor und schickten mich in Führung auf die 3. Strecke. Beim 2. Posten konnten die Verfolger nach einer Gabelung aufschliessen, was mich etwas stresste. Zum vierten Posten wählte ich dann eine Route, die unglaubliche 20 Sekunden langsamer war. Dieser Zeitverlust ist natürlich bei einer Staffel visuell sichtbar, was mich noch mehr stresste. Ich gab nun nicht nur alles sondern ging darüber hinaus. Auf dem Burghügel beim 13. Posten hatte ich wieder zur Spitzengruppe aufschliessen können. Doch dann passierte der grösster Sprint-Fehler meiner Karriere. Durch die Gegner liess ich mich auf die Route zum falschen Gabelungsposten verleiten, war aber nicht mehr in der Lage es zu realisieren, dass ich vom Hügel anders wie geplant hinunterlief. Im Wald hatte ich ein mulmiges Gefühl, da Karte und Gelände irgendwie nicht ganz zusammenpassten. Trotzdem lief ich, unterdessen ohne Sichtkontakt zu den Gegnern, weiter und las auf der Karte parallel falsch, was mich zum falschen Gabelungsposten führte. Zuerst meinte ich, es sei mein Posten, dann realisierte ich es - ich war im Schilf. Bis ich mich aufgefangen und den 14. Posten gefunden hatte, verstrichen weitere wertvolle Sekunden. Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Wut begann ich gleich ein Folgefehler. Dann konnte ich mich wieder zusammenreissen und kämpfte ins Ziel um Sabe auf die letzte Strecke zu schicken.
Das war der Moment, wo ich am liebsten unter die Erde versinken wollte. Noch nie war ich so enttäuscht über mich selber und noch nie fühlte ich mich so schuldig gegenüber meinen Teamkollegen. Was Sabe dann für einen Sturmlauf zeigte, bekam ich zuerst überhaupt nicht mit. Schlussendlich durften wir als drittes Team gemeinsam über die Ziellinie laufen und uns über die zum Ziel gesetzte Medaille freuen, wobei die Freude bei mir noch nicht ins Gesicht geschrieben war. Ich schämte mich so sehr für meine Leistung. Ich hatte noch nie eine schlechte Staffelleistung gezeigt. Im Gegenteil, ich konnte schon öfters über mich hinauswachsen. Nun lernte ich die andere Seite kennen, was eine schmerzhafte Erfahrung war. Hätte ich nicht meine Teamkollegen, wäre ich jetzt noch frustriert. Doch sie konnten mit mir mitfühlen und schafften es ihre Freude über die gewonnene Medaille auf mich zu übertragen, wofür ich dankbar bin! Die Sprint-Staffel hat sich erneut als nervenaufreibendster und emotionalster Wettkampf bewährt.

Mit gemischten Gefühlen und mit einer weiteren WM-Medaille im Gepäck reiste ich nach Hause, wo ich von der Gemeinde, dem Verein und den Fans empfangen wurde. Danke für die schöne Anerkennung und die vielen aufbauende Worte. Danke auch an meine Trainer und meine Sponsoren für die Unterstützung über viele Jahre!

20170711Knochenbruch
Vorzeitiges Saisonende
Ich freute mich sehr auf den Sommer nach der WM und die zwei Wochen Skandinavien mit der OL Regio Wil. Leider kam ein Unfall dazwischen. Bei der Arbeit ist mir ein 12 kg schwerer Betonklotz auf den Fuss gefallen mit Konsequenzen. Ich brach mir den grossen Zehen und falle vermutlich den Rest der Saison aus. Die Heilungschancen stehen aber gut und ich hoffe nächstes Jahr an der EM im Tessin wieder in alter Stärke am Start stehen zu können.