2 Medaillen und 104 Minuten Kampf

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An der WM in Tschechien konnte ich mit beiden Staffeln die Bronzemedaille und über die Langdistanz ein Diplom gewinnen.

Vor der WM wurde ich oft gefragt, ob ich mit den Selektionen zufrieden sei. Grund dafür war, dass nur eine Selektion (Langdistanz) von Beginn an definitiv gewesen war. Was ihr nicht wusstet, war für mich bereits klar: ich würde in beiden Staffeln einen Einsatz erhalten. Ich freute mich sehr auf die beiden Teamwettkämpfe und auf die abschliessende Langdistanz im Sandsteingelände. In der Vorbereitung bin ich seit Sommer 2020 insgesamt 5 Mal nach Tschechien gereist und verbrachte rund 6 Wochen im WM-Land. Dabei trainierte ich in den beiden total unterschiedlichen Waldgeländetypen der Mittel- bzw. Langdistanz. Erst nach den Selektionsläufen Ende Mai wurde klar, dass ich mich voll auf das Sandsteingelände fokussieren konnte. Neben dem Einzellauf über die Langdistanz standen vor allem die Staffeln im Vordergrund, wobei wir etliche Sitzungen als Einstimmung, Austausch und Vorbereitung durchführten.

Mixed Sprintstaffel
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Seit die Sprintstaffel im WM-Programm ist, bin ich nur einmal nicht mitgelaufen und so startete ich zum 5. Mal in dieser Disziplin an einer WM. Rang 1-4 hatte ich schon miterlebt und so wollten wir natürlich auch diesmal mindestens eine Medaille. Unsere Erwartungen waren nach EM-Gold im Mai (ohne mich) sehr hoch und wir wollten um den Sieg mitkämpfen. Die Schweden machten es uns aber nicht einfach und rissen bereits auf der 1. Strecke eine Lücke auf. Diese vermochten wir nicht mehr zu schliessen. Wie meine Teamkollegen wählte ich auf der Aufholjagd zwei, drei langsamere Routen. Dennoch hatte ich einen guten Lauf- aber eben halt keinen Top-Lauf, um wieder ins Geschäft zu kommen. Im Gegenteil, von hinten kamen die Norweger angebraust und schnappten uns Silber vor der Nase weg. Zuerst konnten wir uns nicht richtig über die Medaille freuen, denn wir wollten klar mehr. Doch wir mussten einsehen, dass wir für Gold vier Top-Läufe benötigt hätten und 4 solide Leistungen nicht genügten. Für mich ist es die insgesamt 5. WM-Medaille nach 3 medaillenlosen Jahren.

Staffel
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Erstmals wurde ich in die "Start-Drei" an einer WM-Staffel aufgenommen, worauf ich viele Jahre warten musste. Ich erhielt die herausfordernde 1. Strecke, was mich etwas nervös machte. Mein letzter internationaler Einsatz auf dem Massenstart lag bereits 9 Jahre zurück. Das Sandsteingelände liess zudem spannende Routenwahlprobleme und knifflige Postenstandorte schliessen. Wir wussten, dass die Gabelungsvarianten entscheidend sind für die Routenwahl, sodass man immer für sich entscheiden muss und sich nicht von den Gegnern verleiten lässt. Diese Aufgabe habe ich stets gut gemeistert, ja vielleicht war ich zu eigensinnig. Denn ich wählte oft eine direkte und kräfteraubende Route und verlor so oft Zeit und den Anschluss an die Spitze. Im Mittelteil war ich alleine unterwegs und ich hatte kein gutes Gefühl dabei. Beim Überlauf vernahm ich meinen Rückstand und versuchte nochmals näher zu kommen bis ins Ziel. Doch eine weitere supotimale Route liess meine Gegner aufschliessen und ich verpasste so die Chance der Schweiz eine komfortable Lücke zu den härtesten Rivalen aus Schweden und Norwegen aufzureissen. Nichtsdestotrotz durfte ich in einem spannenden Rennen meine Teamkollegen zuschauen wie sie für die Medaille kämpften. Es klappte dann mit Bronze in einem Rennen, welches bis zum Schluss spannend blieb. Wie bei der Sprintstaffel wollten wir mehr, doch die Freude über die Medaille überwiegte. Die extremen äusseren Bedingungen erschwerten das Rennen zusätzlich. Unser Schlussläufer Matthias lief sogar mit Stirnlampe, damit er bei der Dunkelheit, Blitz und Donner die Karte überhaupt noch lesen konnte. Es war also eine sehr abenteuerliche Staffel mit vielen Hoch's und Tief's.

Langdistanz
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Nach den beiden Staffeln war ich mit meinen eigenen Leistungen nicht ganz zufrieden. Auch gerade weil man in den Staffeln wegen den Gabelungsvarianten nicht mit allen anderen Läufern vergleichen kann, war es schwierig meine Leistungen richtig einzuschätzen. So freute ich mich auf diesen Einzellauf um zu zeigen, was ich drauf hab. Einen Monat vor der WM konnte ich an einem Testlaufwettkamf in WM-ähnlichem Gelände ein vielversprechendes Resultat herauslaufen, welches mir aufzeigte, dass viel drin liegen kann in einer Langdistanz. Ich wusste, dass die Routenwahlen entscheidend sein werden, so war mein Fokus auf genau diese Aufgabe gerichtet. Während dem Lauf investierte ich viel Zeit in die Wahl meiner Routen. Ich wollte unbedingt einen schlechten Entscheid vermeiden. Allerdings war es extrem schwierig abzuschätzen, welche Route am schnellsten sein soll. Ich wählte bewusst die Routen mit den wenigsten Höhenmeter und wollte steile Steigungen vermeiden. Diese Taktik hat sich bewährt. Bei der Auswertung einer Landistanz findet man immer Routen, die man besser hätte laufen können. So war es auch nach diesem Long. Jedoch bin ich mit meiner Leistung sehr zufrieden. Es war wohl meine beste Leistung an dieser WM, auch weil ich 104 Minuten alleine unterwegs war. Die drei Medaillengewinner waren bereits zwischen Posten 4 und 5 zusammen unterwegs und profitierten voneinander. Dies ist nicht fair, doch das Format mit 3 Minuten Startintervall und ohne Gabelungssystem liess es zu. Der Rückstand auf den Sieger betrug am Schluss beträchtliche 8 Minuten, auf Bronze waren es jedoch dann nur noch deren 2. Im Ziel angekommen, wurde mir klar, dass ich mit diesem Ergebnis einen Meilenstein in meiner OL-Karriere geschafft hatte: Ich habe in einem Wald-Einzelrennen ein Diplom geholt. Mein Ziel ist es nun in den nächsten 2 Jahren, einen weiteren Schritt vorwärtszutun und an der WM-Langdistanz 2023 in Flims den Sprung auf das Podest zu schaffen.

Diese WM war die letzte in dieser Form. Ab nächstem Jahr gibt es alternierend Sprint- und Wald-Weltmeisterschaften mit je nur 3 Medaillenentscheidungen. Die Plätze im WM-Team werden also noch knapperes Gut werden. Ich genoss es noch einmal sowohl im Wald, als auch in der Stadt zu laufen und mit einem grossen Männerteam an die WM zu fahren. Ich bedanke mich an das ganze Schweizer Team für die gute Stimmung in den Trainingslagern. Ausserdem bedanke ich mich beim ganzen Trainerteam für die Organisation und Betreuung vor allem in diesen schwierig planbaren Zeiten! Ebenso danke ich meinen Sponsoren, Freunden und Fans sowie meiner Familie für die Unterstützung und Begleitung meiner Karriere!