Vize-Weltmeister

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An der WM in Schottland wurde ich überraschend Vize-Weltmeister im Sprint und holte damit meine erste WM Einzelmedaille.

Noch eine Woche vor der WM sah ich rot und machte mir ernsthafte Gedanken über ein Forfait. Eine Rippenquetschung aus dem Vorbereitungstrainingslager bescherte mir starke Schmerzen im Alltag, sei es beim Bücken, Husten oder Lachen. Zudem kam eine Sehnenentzündung am Fuss dazu. Glücklicherweise bereiteten mir diese zwei Problemchen nur jeweils beim Einlaufen leichte Schmerzen. So war ich bei der Abreise zur WM zuversichtlich die drei Sprinteinsätze ohne Behinderung absolvieren zu können.


Sprint Qualifikation, 31.7.2015
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Meine drei Einsätze waren verteilt auf drei aufeinanderfolgenden Tagen. Damit war für mich klar, dass ich mich in der Sprint Qualifikation nicht schonen werde, sondern ein möglichst gutes Gefühl für die nächsten Rennen mitnehmen wollte. Die grösste Herausforderung bestand für mich darin, vor dem Start in den idealen Leistungszustand zu gelangen und die richtige Einstellung zu finden, was mir letztes Jahr nicht optimal gelungen ist. Das Einlaufen war entscheidend. Am Start war ich dann sehr nervös. Der letzte Wettkampf lag schliesslich fast zwei Monate zurück und seither habe ich auf dieses Ziel hingearbeitet. Die Anspannung verflog nach den ersten Posten. Das Lauftempo und das Timing mit dem Kartenlesen passte perfekt. Das zeigten auch die Zwischenzeiten. Nur mit der langen Route zum 8. Posten tat ich mich etwas schwer und nahm kurz vor Posten 7 etwas Tempo heraus um die Routenwahl zu lösen. So verlor ich auf diese beiden Posten 7 respektive 16 Sekunden. Bei 15 von 17 Streckenabschnitten verlor ich aber nie mehr als 3 Sekunden. Dies und der 3. Rang in meinem Feld stimmten mich über die physische Form sowie über das Timing sehr positiv.



Sprint-Staffel, 1.8.2015
Mit dem gleichen Team wie letztes Jahr gingen wir als Titelverteidiger an den Start. Wir waren bestens vorbereitet, haben wir doch eine Karte mithilfe von Luftbild und Google Street View gezeichnet, weil noch keine alte OL-Karte existierte. In der Sprint Quali bewiesen wir unsere Form und ich wusste, dass ich es besser machen kann als im Vorjahr. Die Erwartungen waren hoch und wir wollten mindestens eine Medaille.
Rahel startete sicher ins Rennen und zeigte einmal mehr eine souveräne Startstrecke. Etwas überraschend war aber der Vorsprung der Dänin, welche einfach einen Gang mehr hatte. So startete ich in einer 5-köpfigen Verfolgergruppe 48 Sekunden hinter Dänemark. Ich lief das ganze Rennen an der Spitze dieser Gruppe und machte mein Rennen. Der erste Teil war sehr anspruchsvoll mit dem Wechsel von Sanddünen zu Dorf und künstliche Zäune erschwerten die Routenwahl. Nach der Zuschauerpassage wurde es dann mehr zu einem Crosslauf und ich konnte das Tempo aufdrehen. Im Ziel übergab ich mit 32 Sekunden Rückstand auf Dänemark und einer kleinen Lücke nach hinten an Matthias, welcher im Anschluss zu Dänemark aufschliessen und die Lücke nach hinten vergrössern konnte. Plötzlich waren wir wieder im Rennen um Gold. Nun hiess es Maja Alm (Quali-Siegerin) gegen Judith Wyder. Ich stellte mich auf einen harten und engen Zweikampf ein, doch es kam alles anders. Nach Rennhälfte setzte sich die Dänin ab und es sah ganz nach Silber aus, denn die nächsten Verfolgerinnen mit Schweden verloren ebenfalls an Boden. Im Schlussteil ereignete sich aber Unerwartetes. Die Gegnerinnen von hinten näherten sich und wir trauten unseren Augen nicht als wir auf den letzten Metern nicht nur Silber sondern auch Bronze aus der Hand geben mussten. Fassungslos standen wir ohne Medaille da. Die Enttäuschung war gross. Erklärungen zu finden, war schwierig. Mir blieb nichts anderes übrig als das Resultat zu vergessen und meine Leistung für den Sprint Final mitzunehmen. Ich bin aber sicher, dass wir mit der Sprint-Staffel zur alten Stärke zurückfinden werden.


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Sprint Final, 2.8.2015
Anders als WorldofO sah ich mich vor dem Sprint nicht als Favorit, aber ich wusste, dass eine Medaille im Bereich des Möglichen liegen würde. Auf diesen Lauf hatte ich mich am intensivsten vorbereitet und kannte fast jede Hausecke auswendig, denn man durfte das Städtchen im Vorfeld besichtigen. Trotzdem musste man offen bleiben, denn wir wussten nicht welche Durchgänge wirklich zugänglich sind und wir erwarteten zusätzliche Hindernisse mit künstlichen Zäunen. Doch die Karte ergab keine Überraschungen. Bei diesem Sprint waren Höchsttempo und schnelle Entscheidungen gefragt. Schliesslich wurden innerhalb 13 Minuten 23 Posten auf einer Distanz von 4.1 km abgespult. Das heisst alle 33 Sekunden oder alle 170 m stempelte man einen Posten.
Manchmal hatte ich das Gefühl ich könnte schneller laufen, sagte aber immer zu mir: „Ein Einen Posten vorlesen“. Ich war stets nahe am Limit, aber immer auf der sicheren Seite. Auch bei einem einfacheren Sprint ist ein Fehler schnell passiert. Mein grösster Zeitverlust betrug 5 Sekunden zum 3. Posten, weil ich zuerst gerade loslief bevor ich mich für eine Route entschied. Nur gerade 4 Streckenbestzeiten resultierten für mich, was zeigt, dass ich nicht das höchste Lauftempo besass, aber technisch-mental ein perfektes Rennen zeigte. Beim Zuschauerposten hörte ich, dass ich 6 Sekunden hinter dem Führenden lag, was mir für die letzte Schlaufe zusätzliche Energie freisetzte. Ich lief mit 1.9 Sekunden Rückstand ins Ziel, wo Dani auf mich wartete und mir mitteilte: „Hesch mi gschlage...“. Schnell wurde mir klar, dass es ein super Lauf war, doch ich musste zittern bis zum Letztstartenden. Unglaublich eng war das Rennen an der Spitze. Nur gerade 14 Sekunden trennten die ersten 10! Dann waren alle im Ziel und ich gewann WM-Silber. Ein Traum ging in Erfüllung. Meine erste Einzelmedaille an einer WM und somit der grösste Einzelerfolg meiner Karriere, nachdem ich letztes Jahr EM-Bronze gewann.


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Aus den Medien:

 

Ersatzrolle

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Es war eine unglaubliche Woche! Insgesamt holte die Schweiz 4 Medaillen und bei jeder war ein Hubmann beteiligt. Der einzige Wermutstropfen bleibt die verpasste Medaille mit der Sprint-Staffel. Nach den Sprintwettbewerben schlüpfte ich in die Rolle des Ersatzmannes und musste mich warm halten, falls jemand aus dem Schweizer Team kurzfristig nicht antreten könnte. Dies ist keine einfache Aufgabe, weil die Wahrscheinlicht sehr klein ist, dass etwas passiert und trotzdem müsste man rasch startbereit sein.
Ich gesellte mich schlussendlich zum grossen und auffälligen Fanclub Hubmann und freute mich mit den Medaillen des grossen Bruders und des Staffelteams. Es war schön so viele Fans vor Ort zu haben und mit ihnen die Erfolgserlebnisse zu teilen. Danke für eure lautstarke Unterstützung!